Neue Hoffnungen auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Gegner der geplanten 110-kV-Freileitung: Der Europäische Gerichtshof übermittelte jetzt eine Stellungnahme der Kommission zur Frage der UVP-Pflicht der Leitung. Danach sind die Fällungen in den betroffenen Waldgebieten, sogenannte Trassenaufhiebe, doch als Rodung zu betrachten. Die Konsequenz könnte eine Neuverhandlung des gesamten Projekts sein.
Foto: Sie formulierten die Stellungnahme der Freileitungsgegner an den Europäischen Gerichtshof: Anwälte Dr. Wolfgang List und Mag. Fiona List (Bild: nachrichten.at)
Strittig ist seit langem, ob die Trassenaufhiebe für die Freileitung rechtlich als Rodungen gelten. Denn ab 20 Hektar Rodungsfläche muss für das Projekt eine UVP durchgeführt werden. Und in der UVP ist auch die Erdkabel-Alternative ein Thema, die Gemeinden und Anrainer zusammen mit der Initiative „110 kV ade!“ fordern. Das Verfahren zur Bewilligung der Rodung der Maststandorte warf bereits Fragen auf, wie groß die Waldflächen überhaupt sind: Aus allen vorherigen Verfahren ergibt sich eine Fläche von 39 Hektar. Nach Jahren „präzisierte“ die Energie AG gegenüber dem Landesverwaltungsgericht, sie wolle nur 18,25 Hektar beanspruchen – somit knapp unter jener Schwelle für Rodungsflächen, die UVP-Pflichtig wären.
Auf eine spannende Verhandlung vor dem EuGH freut sich bereits Dr. Wolfgang List. Er vertritt einige der Gemeinden sowie Betroffene. Die Argumentation seiner Kanzlei sieht er voll bestätigt. Im Gerichtshof in Luxemburg siegte er bereits einmal in einem UVP-Fall, der eine Novelle des österreichischen UVP-Gesetzes erzwang. Der Erfolg: bessere Rechte für Nachbarn bei Vorhaben, deren UVP-Pflicht strittig ist. Die Neuverhandlung der 110-kV-Leitung im Rahmen einer UVP sehen die Betroffenen als große Chance, die Stromversorgung solider und umweltfreundlicher mit einem Erdkabel zu sichern. Die Landesregierung und die Energie AG hatten diese Lösung stets abgelehnt.
Signalwirkung für zukünftige Leitungsvorhaben in ganz Österreich erwarten sich auch andere Bürgerinitiativen. Im Gegensatz z. B. zu Dänemark, Deutschland und der Schweiz halten Netzbetreiber, Politik und Behörden nach wie vor an der Freileitungs-Technologie fest.
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